Tuesday, March 13, 2012

Nebelleben

Durch den schweren Vorhang dränge ich mich in einen noch schweren Nebel. Die grauen Schwaden zeihen nicht mehr durch den Raum, sie haben sich festgesetzt, eingenistet wie Parasiten. Doch sie scheinen in Symbiose mit den Maschinen zu leben, die an den Tischen sitzend einen Zug nach dem anderen in ihre geteerten Lungen saugen. Ein Pirat stößt mit seinem Holzbein an den Tisch, als er sich zu mir umdreht. Irgendwo klappert ein Degen. Ich fühle den Dolch an meinem Gürtel und zwänge mich durch die schwankenden Leiber auf die Bar zu. Irgendwo finde ich einen freien Hocker, lasse mich fallen und versinke.

Als ich mich wieder durch den Vorhang quäle, streift mattgraues Dämmerlicht über die Dächer. Ich bin mir sicher, dass ich nicht mehr fahren darf, zwäng mich aber auf den Vordersitz meines Fiats und starte den Motor. Nach ein paar Versuchen springt er tuckernd in der morgendlichen Kälte an. Zitternd lenke ich aus der Parklücke auf die Straße und schlage den Weg nach hause ein.

Ich wache in meinem Bett auf. Nachmittagssonne scheint direkt in mein Gesicht, mein Schädel brummt alles andere als golden. Ich quäle mich aus dem Laken, in das ich mich eingesponnen habe, schlurfe in die Küche und löse eine Aspirin in einem Glas Wasser auf. Das Wasser tut mir gut, ich will mehr trinken. Ich finde einen Bourbon. Ein kleines Glas wird nicht schaden.

Während ich ins Schlafzimmer zurückkehre merke ich, dass ich zwar keine Hose aber Schuhe anhabe. Ich habe es aufgegeben mir über so etwas Gedanken zu machen, ziehe die Schuhe aus und schalte den Fernseher an. Auf keinem Kanal finde ich Spencer oder Hill, also schalte ich das Gerät ab, zippe von meinem Bourbon und versuche an nichts zu denken.

Der goldene Streifen der Sonne wandert langsam über die Bettdecke, klettert auf den Fußboden und gleitet schließlich die Wand hinauf. Dann wird es dunkel im Zimmer.

(JS 03.11.2011)

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