Stand da nicht
gerade noch der Schrank? Auf keinen Fall würde ich in diese wabernde
Masse greifen, um mir ein Shirt herauszuholen. Das mit der Blume
würde jetzt passen.
Ha! Jetzt ist da nur
noch klebrige Ungenauigkeit. Ich wusste gar nicht, dass Ungenauigkeit
rot ist.
In der Ecke
schimmert das Telefon blau. Soll ich rangehen? Jetzt greift der
Schrank nach mir. Ich lass es lieber dort liegen. Sich aufzuraffen
etwas zu tun heißt zu vergessen, dass man auch nichts tun könnte.
Wie philosophisch. Philosophie ist übrigens blau. Genau wie das
Telefon. Vielleicht ruft Platon an? Sollte ich 'rangehen, über
meinen Schatten springen? Gar nicht so einfach im liegen. Fliegen
wäre jetzt gut. Ohne Mühe gegen die Schwerkraft. Widerstand! Aber
geschmeidig. Wieso dröhnt jetzt doppelt blau? Die Tür! Ich sollte
öffnen. Müsste öffnen. Aber verschlossen. Die Ketten an meinen
Füßen? Nein. Nur Socken. Ich muss raus aus dem Nebel, weg von dem
Schrank. Das blau muss aufhören! Schatten wandern. Dann
Sternenhimmel, Milchstraße, Mond. Dann klingeln und Gold.
Ich blinzele. Die
Sonne steht mir genau ins Gesicht. Ein schrecklicher Zustand. Und
ausgerechnet immer dann, wenn ich nicht erinnere, wie ich ins Bett
gekommen bin. Wenn man das Bett nennen kann. Dieser Haufen Kissen,
der mich vor dem Linoleum schützt. In meinem Schädel hallt das Echo
eines animalischen Schreis von einer Wand zur anderen. Das Rollo
müsste ich zumachen doch jede Bewegung scheint mich zu zerreißen.
Eine Welle Nadeln dringt bei jeder Regung von oben in mich ein,
durchdringt mich vom Kopf durch die Schultern und Arme, abwärts
durch den Magen und alle Gedärme bis in die Beine und Füße. Strafe
der Götter! Ich lege mir ein Kissen aufs Gesicht und schließe die
Augen. Stille. Kein Rauschen. Nur Leere.
Warum stehen diese
Leute um mich herum? Wieso sind hier so viele in der Küche? Schwarz
ist keine Farbe und doch kleidet sie diese Gestalten. Vorsichtig
öffne ich ein Auge. Sie bewegen sich nicht. Sprechen nicht. Atmen
nicht. Besser nicht zeigen, dass ich wach bin. Ein dunkler Wind und
ich bin wieder allein. Auf einem Waldweg. Goldene Sonnenstrahlen
streifen durch das Geäst, verändern die Schatten bei jedem meiner
Schritte. Ich sehe immer weniger! Es dämmert! Ich beginne zu laufen,
doch die Dunkelheit ist schneller. Irgendwann wird es schwarz und ich
weiß nicht wo ich bin.
Es ist kalt, als ich
erwache. In der Dunkelheit des Zimmers kann ich die Uhr nicht
entziffern. Es muss aber abends oder morgens sein, denn ein wenig
dämmriges Licht dringt durch die Jalousie. Mein Schädel dröhnt,
als hätte ich mit ihm eine Tür eingeschlagen. Oder mehr noch eine
ganze Wand eingerissen. Es ist still. Nur das rauschen der Autos und
das leise unbestimmte Ticken der Uhr durchdringen die schummrige
Dämmerstimmung. Ich liege halb auf dem kalten Linoleum, halb auf
meiner Matratze. Der Kopf natürlich auf dem harten Boden.
(JS 2012)